Die Pille

Zur Empfängnisverhütung (hormonellen Kontrazeption) werden im Regelfall kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK), bestehend aus einer Estrogen-Gestagen-Kombination, eingesetzt. Bei der sogenannten "Mikropille" wird die Östrogenkomponente mit 15-35 μg Ethinylestradiol (EE) oder Estradiovalerat ausgestattet.

Die 2- bis 3-Stufenpräparate haben stufenweise veränderte Konzentrationen des Estrogens und/oder des Gestagens. Die monophasischen Kombinationspräparate (Einphasenpräparate) enthalten eine konstante Tagesdosis der kontrazeptiven Steroide. Die meisten Präparate werden über 21 Tage eingenommen, gefolgt von einem siebentägigen hormonfreien Intervall (HFI).

Die kontrazeptive Wirkung der KOK besteht primär auf der Suppression (Unterdrückung) der Gonadotropinsekretion (Sexualhormone, welche die Keimdrüsen stimulieren). Die ovulationshemmende Wirkung hängt in erster Linie von der Gestagenkomponente ab. Während der Einnahmedauer der KOK kommt es aufgrund des hepatischen Effekts von Ethinylestradiol (EE) zu Veränderungen der Fibrinolyse-  und Gerinnungsfaktoren!

Am Anfang einer Pillen-Erstverordnung steht eine genaue Anamnese (Krankengeschichte) und eine gynäkologische Untersuchung, inkl. zytologischen Abstrichs.

Folgende Krankheiten und Gesundheitsrisiken müssen im Rahmen der Anamnese bedacht werden:

  • Alter* [gesunde Frauen über 40 Jahre ohne Risikofaktoren können KOK bis zur Menopause einnehmen]
  • Familiäres Mammakarzinom (Brustkrebs)
  • Rauchen*
  • Adipositas (Übergewicht)*
  • Immobilisation*
  • Vaskulitis* (Autoimmunkrankheit, bei der sich die Blutgefäße entzünden)
  • Lag bereits eine Thrombose vor?
  • Sind Thrombosen in der Familie aufgetreten?
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Lebererkrankungen

*Risikofaktoren für eine venöse Thrombose/venöse Thromboembolie (VTE)

 

Die Einnahme oraler Kontrazeptiva (KOK) erhöht das Risiko für:

  • venöse Thrombosen (wg. Ethinylestradiol; s.o. Risikofaktoren für eine venöse Thrombose)
  • Myokardinfarkt (Herzinfarkt) (marginale Erhöhung); zu beachten sind in diesem Kontext weitere Risikofaktoren wie: Alter, Rauchen, Adipositas (Übergewicht), Hypertonie (Bluthochdruck), Diabetes mellitus und Hyperlipidämie (Hyperproteinämie; Fettstoffwechselstörung) [Gestagen-Monopräparate scheinen das Myokardinfarktrisiko nicht zu erhöhen]
  • ischämischer Apoplex (Schlaganfall), wenn eine Migräne mit Aura (z. B. Störungen des Sehens, des Geschmacks, der Motorik und der Sprache) vorliegt [das Risiko steigt für Raucherinnen auf das Siebenfache!]
  • benigne (gutartige) Lebertumore (extrem selten; Prävalenz/Krankheitshäufigkeit: 3-4 auf 100.000); scheint von der Einnahmedauer und der Ethinylestradiol-Dosis abhängig zu sein; sollte unter KOK diese Diagnose gestellt werden, dann sollte die Einnahme beendet werden
  • Mammakarzinom (Brustkrebs) (KOK haben keinen oder einen marginalen Einfluss auf das Risiko des Mammakarzinoms)
  • zervikale intraepitheliale Neoplasien (CIN) (= Präkanzerose/Krebsvorstufe des Zervixkarzinoms/Gebärmutterhalskrebs) [nach 5 Jahren verdoppeltes Risiko; nach 10 Jahren vierfaches Risiko]

Achtung! Bei Brustkrebserkrankungen in der Familie sollte keine hormonale Empfängnisverhütung vor dem 20. Lebensjahr erfolgen. Des Weiteren sollte die Einnahmedauer nicht länger als 10 Jahre sein.

Bei einer Thrombosebelastung (Thrombophilie) sollten folgende Laboruntersuchungen durchgeführt werden: APC-Resistance – bei Verdacht auf APC-Resistance wird eine Untersuchung der Mutation von Faktor Va Leiden (Prävalenz/Krankheitshäufigkeit: ca. 5 %) und Faktor II (Prothrombin-Gen-Mutation) empfohlen.

Bestandteil der "Pillen-Erstverordnung" sollte die Aufklärung über die kontrazeptive Sicherheit sein. Hinzuweisen ist auf Faktoren, die die kontrazeptive Sicherheit negativ beeinflussen können:

  • Medikamente (z.B. Antiepileptika wie beispielsweise: Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon; Antibiotika wie beispielsweise Rifampicin, Tuberkulostatika wie beispielsweise Rifabutin etc.)
  • gastrointestinale Störungen (z. B. Diarrhoe/Durchfall)
  • Antibiotikatherapie